Er war ein Glücksfall für die Stadt Langen

Nach fast 50 Jahren tritt Joachim Kolbe in den Ruhestand

Er ist dann mal weg: Joachim Kolbe (rechts) geht nach 48 Jahren bei der Stadt Langen zum Jahresende in den Ruhestand. Nachfolger als Fachbereichsleiter Stadtentwicklung, Wirtschaft, Kultur und Sport ist Sebastian Hauf. (Foto: Schaible/Stadt Langen)

Ein Buch schreiben – das ist eines der Dinge, die sich Joachim Kolbe für den Ruhestand vorgenommen hat. Um Verwaltung soll es darin nicht gehen. Aber das wäre im Fall von Joachim Kolbe auch nicht mit einem einzelnen Buch getan. Es müsste schon eine ganze Buchreihe sein – und selbst dann wäre nicht ausreichend Platz für alles, was Joachim Kolbe in seinen fast 50 Jahren in der Langener Stadtverwaltung erlebt und was er in dieser Zeit alles für die Stadt und ihre Bürger getan hat. Zum Jahresende geht der Mann, der als Stenograf begann, eine Beamtenausbildung absolvierte und bis zum Fachbereichsleiter im Rang eines Leitenden Magistratsdirektors aufstieg, in den wohlverdienten Ruhestand.

Neue Stadthalle Langen, die drei Langener Bäder, Ironman, Kulturhaus Altes Amtsgericht, die Sammlung zur zeitgenössischen Glasmalerei, die Stadtexperimente Obere Bahnstraße, Grüne Mitte und aktuell Taunusplatz, Sportzentrum Nord und zuletzt die im Oktober eingeweihte Vier-Felder-Sporthalle im Sportpark Oberlinden – diese Aufzählung zeigt nur einige der Langener Institutionen und Projekte, die untrennbar mit dem Namen Joachim Kolbe verbunden sind. „Er war ein absoluter Glücksfall für unsere Stadt“, sagt Bürgermeister Jan Werner. Trotz vieler hochkarätiger Angebote zog es Joachim Kolbe nie nach außerhalb der Stadt, in der er geboren ist. „Er hat in seiner gesamten Zeit in der Stadtverwaltung immer nur das Ziel verfolgt, Langen voranzubringen. Die Stadt und ihre Bürger verdanken ihm zahlreiche Errungenschaften, die es ohne Joachim Kolbe nicht oder zumindest nicht so erfolgreich geben würde.“

Joachim Kolbes Verwaltungslaufbahn begann bereits wenige Tage vor seinem 16. Geburtstag. Nach dem Realschulabschluss an der Adolf-Reichwein-Schule startete er 1977 im Rathaus an der Südlichen Ringstraße seine berufliche Laufbahn. Ende 1982 wurde er Sachbearbeiter für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.

Bereits 1983 erregte der junge Mann erstmals bundesweit Aufmerksamkeit: Er erdachte ein eigenes, datenschutzkonformes Verfahren für die damals geplante, sehr umstrittene Volkszählung (die letztlich nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts erst 1987 in anderer Form stattfand). Interessierte Nachfragen aus der gesamten Bundesrepublik waren die Folge. „Darauf bin ich heute noch sehr stolz“, sagt er.

Anfang 1987 übernahm er die Aufgaben eines Sachbearbeiters für Organisation und EDV und führte die ersten Computer in der Stadtverwaltung ein. Im Januar 1989 wurden ihm die Aufgaben eines Sachbearbeiters für Kulturangelegenheiten übertragen. Erstes Projekt: der Umbau des früheren Amtsgerichts in das Kulturhaus Altes Amtsgericht, Sitz von Musikschule, Volkshochschule und Stadtarchiv.

1993 übernahm Joachim Kolbe die Leitung des Kultur- und Sportamtes. Mit der neuen Aufbauorganisation 2000 wurde er stellvertretender Leiter des Fachbereichs Soziale und kulturelle Angebote, Bildung und Sport. 2002 folgte die Bestellung zum ersten Geschäftsführer der Bäder- und Hallenmanagement Langen GmbH (BaHaMa). 2014 schließlich wurde Joachim Kolbe Leiter des neu geschaffenen Fachbereichs Stadtentwicklung, Wirtschaft, Kultur und Sport. „Keine übliche Zusammensetzung, die aber richtig gut zusammenpasst und viele, auch spontane ressortübergreifende Projekte ermöglicht“, beschreibt er seine Tätigkeit.

Die Sanierung der Stadthalle mit Erweiterung der Stadtbücherei und Schaffung des Museums Glas/Werke/Langen geht maßgeblich auf Joachim Kolbes Initiative zurück. Bauherr war er ebenfalls beim Sportzentrum Nord und zuletzt bei der Vier-Felder-Halle im Sportpark Oberlinden.

Ohne die Begeisterungsfähigkeit von Joachim Kolbe würde es keine Ironman-Europameisterschaft mit Start am Langener Waldsee geben. Gleichzeitig profitierten die örtlichen Vereine vom Sanierungsprogramm von Sportstätten sowie dem Sport- und Sportstättenentwicklungsplan.

Im Kulturbereich hat er nicht nur an die 100 Ausstellungen im Stadtmuseum Altes Rathaus organisiert, sondern auch zahlreiche Veranstaltungsreihen wie „Edle Klänge“ oder „Reginas Gäste“ erfolgreich etabliert. Unter seiner Leitung hat sich die Neue Stadthalle zu einem kulturellen Leuchtturm zwischen Frankfurt und Darmstadt entwickelt.

Im Bereich der Wirtschaftsförderung erarbeitete Joachim Kolbe das Konzept für das Citymarketing mit dem Slogan „So nah. So gut. So Langen.“, den Workshops mit Einzelhändlern und Vereinen und den Typisch-Broschüren.

Natürlich hat ein Mann, der derart viel angeleiert und erlebt hat, viele gute Geschichten zu erzählen. Und wer Joachim Kolbe kennt, weiß, dass er das auch gerne und mitreißend tut. Wenn alle anderen Talkgäste in einer Fernsehsendung abspringen, kann er auch mal eineinhalb Stunden über Kanada-Gänse sprechen. Überhaupt haben tierische Geschichten einen besonderen Stellenwert in seinem Berufsleben: Als einst der Circus Charles Knie hinter der Stadthalle gastierte, wurde ein Sohn der Artistenfamilie an der Adolf-Reichwein-Schule eingeschult – was abends mit Champagner direkt neben dem Tigerkäfig gefeiert wurde. Oder das Techno-Festival Green & Blue, das einmal am Langener Waldsee stattfand: Besucher hatten bereits im Vorfeld allerlei stimmungserhellende Tabletten im Strandbad vergraben, um bei den Einlasskontrollen nicht aufzufallen. Aber sie hatten offenbar nicht alle wiedergefunden – im Gegensatz zu den Wildschweinen, die daraufhin im Rausch das Gelände durchwühlten auf der Suche nach mehr von dem stimulierenden Stoff.

Auf derlei Geschichten werden die Kollegen der Langener Stadtverwaltung demnächst verzichten müssen: Nach 48 Jahren im Dienst der Stadt tritt Joachim Kolbe zum 31. Dezember 2025 in den vorzeitigen Ruhestand. Seinen Nachfolger hat er bereits eingearbeitet: Sebastian Hauf (33), zuvor in der Kreisstadt Groß-Gerau für Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing verantwortlich, leitet künftig den Fachbereich 4 im Langener Rathaus.

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