Große Herausforderungen zu bewältigen

Finanzielle Lage bleibt trotz Gewerbesteuer-Plus angespannt

Die Stadt Langen nimmt nach aktuellem Stand in diesem Jahr mehr Steuern ein als geplant. Das vorgesehene Defizit fällt deshalb mit 4,63 Millionen Euro etwas geringer aus als befürchtet. Dennoch bleibt die Situation überaus angespannt: Für 2024 sieht der Entwurf des Haushaltsplans, den Bürgermeister Jan Werner jetzt der Stadtverordnetenversammlung vorlegte, eine Verdoppelung des Fehlbetrags auf 9,3 Millionen Euro vor. Noch können diese Summen aus den Rücklagen ausgeglichen werden. Die konnten durch die guten Jahresabschlüsse 2021 und 2022 kräftig aufgestockt werden: Zum 1. Januar 2023 betrug der Kassenbestand 34,7 Millionen Euro. Größte Stütze der Stadt ist dabei die lokale Wirtschaft, die sich als besonders krisenfest und zukunftsorientiert herausgestellt und 2022 fast 20 Millionen an Gewerbesteuer überwiesen hat (zum Vergleich: 2019 und 2020 jeweils nur rund 13,8 Millionen). Für das aktuelle Jahr werden sogar 25 Millionen Euro erwartet.

Bei aller Freude über diese positiven Zahlen: Die Lage bleibt angespannt. 131,86 Millionen Euro sieht der Etatentwurf im Ergebnishaushalt (laufende Verwaltungstätigkeit) für kommendes Jahr an Ausgaben vor. Die erwarteten Einnahmen liegen allerdings nur bei 122,56 Millionen. Damit wird die von der Hessischen Gemeindeordnung (HGO, § 92) vorgegebene Verpflichtung, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, nicht erreicht.

Die Gründe dafür sind allerdings nicht von der Stadt Langen zu verantworten: „Die Erreichung des Ziels des Haushaltsausgleichs ist in hohem Maß auch von der Entwicklung der nicht von der Stadt Langen steuerbaren Ertrags- und Aufwandspositionen abhängig“, verdeutlicht Jan Werner.

Der russische Angriffskrieg mit all seinen Auswirkungen (allgegenwärtige Kostensteigerungen, deutlich verlangsamte Bautätigkeit mit Folgen für die Einkommensteuerentwicklung und etliches mehr) belastet den Etat 2024 mit geschätzten 4,7 Millionen Euro. Der historische Tarifabschluss im öffentlichen Dienst sorgt für Mehraufwendungen von 3,38 Millionen gegenüber der mittelfristigen Finanzplanung. Und auch die höheren Gewerbesteuereinnahmen, so erfreulich sie sind, haben einen negativen Aspekt: Sie verringern aufgrund der dadurch gestiegenen Finanzkraft der Gemeinde die Schlüsselzuweisungen vom Land um rund 3,4 Millionen Euro.

Nicht steuerbar – das wird zudem besonders deutlich im Bereich der Kinderbetreuung: Zur Sicherstellung des von der Bundesregierung 2013 verfügten Rechtsanspruchs ist die Stadt Langen verpflichtet, die Kinderbetreuungsplätze auszubauen, ungeachtet ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit. So ist die Defizitentwicklung des Fachbudgets Kinderbetreuung ursächlich dafür, dass der Haushaltsausgleich nicht erreicht werden kann. Schaut man sich die Platzzahlen genauer an, wird klar, welch große Aufgabe der Ausbau der Kinderbetreuung ist: Verfügte Langen 2020 über 1.739 Plätze, sind es aktuell bereits 1.990. Kommendes Jahr sollen weitere 249 dazu kommen. Bis 2026 soll die Zahl auf 2.770 steigen. Das ist binnen sieben Jahren ein Plus von mehr als 1.000 Plätzen, also mehr als 57 Prozent.

„Beim Bau von neuen Kitas greifen uns Bund und Land dankenswerterweise unter die Arme. Aber bei der Bewältigung der stetig steigenden laufenden Betriebskosten stehen wir weitestgehend alleine da“, merkt Jan Werner an. Belief sich das Defizit im Fachbudget 2020 auf 13,38 Millionen Euro, sind es dieses Jahr bereits 21,03 Millionen. Für 2024 wird mit 26,33 Millionen gerechnet. „Über zwei Drittel dieser Kosten bleiben bei der Stadt hängen. Würden sich Bund und Land angemessen daran beteiligen, hätten wir keine finanziellen Probleme“, verdeutlicht der Bürgermeister.

Auch durch den bundesweiten Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Grundschulkinder ab 2026 sieht sich die Stadt Langen bereits jetzt gezwungen, die notwendigen Vorbereitungen zu treffen. Anders als andere Bundesländer sei Hessen nicht bereit, die Aufwendungen zu tragen, moniert Jan Werner.

Der Bürgermeister stellt klar: „Der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ist für die Eltern eine sinnvolle Sache. Es kann aber nicht sein, dass wir gezwungen sind, für jeden Platz ein höheres Defizit im städtischen Haushalt kompensieren zu müssen. Dies nimmt nicht nur uns, sondern fast allen Kommunen im Land die Möglichkeit, ihre Zukunft auch in anderen Bereichen angemessen zu gestalten.“

Für die Langener Prognosen bedeutet das nach aktuellem Stand auch für die Folgejahre defizitäre Haushaltspläne: Die Planungen für 2025 gehen von einem Defizit von 7,31, für 2026 von 8,18 und 2027 von 9,58 Millionen Euro aus. Insgesamt rund 34,4 Millionen Euro. Und die Rücklagen werden Anfang 2026 aufgebraucht sein.

„Wir kennen also die Ursachen für die finanzielle Schieflage“, sagt Jan Werner. „Den Kopf in den Sand stecken hilft uns nicht. Der nachfolgenden Generation sind wir es schuldig, die Weichen für eine nachhaltige Haushaltskonsolidierung zu stellen. Alle Entscheidungen, die wir getroffen haben und noch treffen, sind schmerzhaft. Aber sie müssen getroffen werden und zwar mit Augenmaß. Und auch hier stehe ich zu meiner Aussage vom vergangenen Jahr: Einen sozialen Kahlschlag will ich unbedingt vermeiden. Und es muss möglich sein, neue Projekte umzusetzen.“

Um dies zu ermöglichen, hat sich der Magistrat auch dazu durchgerungen, im erforderlichen Haushaltssicherungskonzept erstmals seit vielen Jahren eine moderate Erhöhung der Gewerbesteuer vorzusehen. Zudem soll auf die ursprünglich vorgesehene weitere Hebesatz-Senkung der Grundsteuer B um weitere fünf Punkte verzichtet werden. Eine Anhebung ist aber auch nicht geplant. „Um das Defizit allein in diesem Jahr auszugleichen, müsste der Hebesatz um 524 Punkte auf 1.374 angehoben werden“, rechnet Jan Werner vor. „Das wollen und können wir unseren Bürgerinnen und Bürgern nicht zumuten.“

An einigen Stellen sieht der Magistrat eine Anpassung von nutzerbezogenen Gebühren und Beiträgen vor, auch um die Teuerungsraten auszugleichen. Einem Haushaltsausgleich kommt die Stadt mit solchen Maßnahmen aber nicht näher. „Ich werde deswegen nicht müde, immer wieder darauf hinzuweisen, dass die Finanzausstattung der Kommunen unzureichend ist“, so der Bürgermeister.

Weiter gearbeitet wird zudem an einer Nachhaltigkeitssatzung als Mittel zu einer nachhaltigen Haushaltskonsolidierung. Die dafür ins Leben gerufene Arbeitsgruppe hat bereits mehrfach getagt.

Im Internet wird die Stadt unter www.langen.de in Kürze die Unterlagen zum Haushalt bereitstellen: zum einen die vollständige Fassung, zum anderen die reinen Finanzpositionen des Ergebnishaushalts und des Finanzhaushalts als Excel-Tabellen. Auch generelle Aussagen über die Struktur und den Inhalt eines kommunalen Haushaltsplans gibt es. Wer Fragen hat, kann sie per E-Mail an Haushalt_im_Internet@langen.de stellen.

Politisch beraten wird der Haushaltsplanentwurf 2024 im Haupt- und Finanzausschuss am Dienstag, 21. November, sowie bei Bedarf am 22. und 23. November (jeweils 19.30 Uhr im Rathaus). Die Haushaltsreden der Fraktionen sowie die endgültige Abstimmung über das Zahlenwerk sind in der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, 14. Dezember, vorgesehen.

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