Sinnbild für eine bessere Zukunft

Neue Grundschule soll Cilly-Peiser-Schule heißen

„Die neue Grundschule soll den Namen von Cilly Peiser tragen. Das ist unser Wunsch und wir hoffen, dass sich die Stadtverordnetenversammlung und danach der Kreisausschuss und der Kreistag des Kreises Offenbach diesem Vorschlag anschließen können“, sagt Bürgermeister Prof. Dr. Jan Werner und weiß sich bei seiner Initiative mit dem Magistrat einig. Das Wohngebiet an der Liebigstraße im Langener Norden soll künftig rund 3.300 Menschen ein zu Hause bieten. Neben moderner Wohnbebauung, einem großzügigen Bürgerpark mit Spiel- und Sportmöglichkeiten und zwei Kitas, soll dort auch eine weitere Schule entstehen. Geht es nach dem Magistrat, soll diese sechste Grundschule der Stadt nach der vor elf Jahren verstorbenen Langener Mitbürgerin benannt werden.

Cilly Peiser wurde 1925 in Frankfurt geboren und gehörte dem jüdischen Glauben an. Wie Anne Frank und zahlreiche andere Opfer des Nazi-Regimes flüchtete sie 1938 in die Niederlande, versteckte sich dort und lebte jahrelang in größter Angst, entdeckt zu werden. Anders als Anne Frank hatte sie Glück, blieb unentdeckt und überlebte. Nicht so ihr jüngerer Bruder Josef und ihre Mutter, die beide in Frankfurt verweilten. Im Jahr 1942 wurden sie in das besetzte Polen deportiert, wo sie Opfer des Holocaust wurden.

Nach der Befreiung der Niederlande zog Cilly Peiser nach Israel, wo sie als Sozialpädagogin tätig war und unter anderem einen Kindergarten gründete. 1956 heiratete sie den Funkoffizier Hans Peiser, im folgenden Jahr reiste die Familie nach Frankfurt zurück - in das Land, in dem ihr so viel Leid zugefügt wurde. Und doch setzte sie sich in ihrem weiteren Leben mit aller Kraft für die Menschen hier ein.

Zuerst kümmerte Cilly Peiser sich um ein behindertes Kind, dann baute sie mit Marlies Görg in Langen die zunächst provisorische Schule für praktisch Bildbare – heute Janusz-Korczak-Schule mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung – mit auf und war maßgeblich für deren Namensgebung verantwortlich. Gleichzeitig machte sie auch eine Ausbildung zur Sonderpädagogin und übernahm schließlich die Vorklasse der Ludwig-Erk-Schule.

Nach ihrem Eintritt ins Rentenalter betrieb sie bis zu ihrem Tod am 3. November 2010 eine logopädische Praxis, in der sie Kinder mit Lese- und Rechtschreibschwäche betreute. Im Jahr 2000 war Cilly Peiser eine der Mitbegründerinnen der Selbsthilfegruppe „Child Survivors Deutschland“, deren Vorsitzende sie wurde. Die Vereinigung half über viele Jahre hinweg Menschen, die das Nazi-Regime überlebt hatten und oft wegen der erlebten Schrecken bis ins hohe Alter schwer traumatisiert waren. Der Autor Lutz von Dijk erarbeitete mit ihr die autobiografische Erzählung „Zu keinem ein Wort“, die 2002 erschien, aus der sie in der Folge als Zeitzeugin in Schulen vorlas.

Für ihren Einsatz gegen das Vergessen, für die Würde des Menschen, für die Demokratie und zum Wohle ihrer Mitmenschen wurde Cilly Peiser 2009 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. Kurz danach empfing sie Papst Benedikt, denn die Langenerin hatte sich auch mit großer Kraft für die Verständigung und Versöhnung zwischen Juden und Christen eingesetzt.

„Auch nach mehr als 80 Jahren müssen wir das Gedenken an Menschen wie Cilly Peiser wachhalten, denn in der Erinnerung liegt der Samen für die Hoffnung auf eine bessere Zukunft“, fasst Bürgermeister Prof. Dr. Jan Werner die Begründung der Namensgebung zusammen. Und Joachim Kolbe, der städtische Fachbereichsleiter für Kultur, fügt hinzu: „Sie war ein beeindruckender, starker und einfühlsamer Mensch und eben auch eine ganz besondere Pädagogin. Sie konnte vor allem Kinder ermutigen und bestärken, ihnen Ängste nehmen und sie Schwächen überwinden lassen.“

Die nach aktuellem Planungsstand dreizügige und drei- bis viergeschossige Grundschule im Neubaugebiet soll auf einer 1.500 Quadratmeter großen Fläche in Nachbarschaft einer Kinderbetreuungseinrichtung gebaut werden. Ob der Namensvorschlag Cilly-Peiser-Schule dem zuständigen Kreisausschuss sowie dem Kreistag des Landkreises Offenbach vorgelegt wird, entscheiden die Stadtverordneten in ihrer Sitzung am Donnerstag, 1. Dezember.

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